Vor- und rückwärts

Kürzlich begegnete ich der Aussage, dass wir rückwärts hören. Das wurde so erklärt, dass der aktuelle Ton seine Einordnung erst mit dem nächsten neuen Ton bekommt. Die Beziehung macht aus, ob etwas fröhlich, beschwingt oder traurig klingt.

Dass wir rückwärts hören sollen, hat mich überrascht. Mit der selben Logik könnte man ja auch sagen, dass man vorwärts hört, weil man ja oft ein Gefühl dafür hat, was jetzt gleich kommen müsste. Bei einem bekannten Lied wartet das innere Ohr geradezu auf die nächste Tonfolge, die Fortsetzung der Melodie.

Ist das mit Wörtern auch so? Eine Hörweise «Silbe für Silbe» würde dazu führen, dass wir zwar alles gehört, aber nichts verstanden hätten. Auch hier muss uns der Anfang des gesprochenen Satzes noch im Geist präsent sein, wenn wir den Satz, nachdem er zu Ende gesprochen ist, verstehen wollen.

Ob rück- oder vorwärts hören, Hauptsache hören, um zu verstehen: Äussern Sie sich zur Schulfrage.

Dienst

Wann immer ich den Pallottinerinnen begegnete, war ich um ein gutes Gespräch reicher, auch um viele Gedanken für mich selbst. Oft überraschten die Schwestern mit ihrem Humor und ihrem klaren Blick auf die Gesellschaft. Sie waren bestens informiert, wussten vieles von der grossen Weltpolitik bis zum Lausbuben-Streich, von der grossen Theologie bis zum Dorfgespräch. Sie haben die halbe Region ‚auf die Welt gebracht’ und sich um die Menschen gekümmert, um Mütter, Väter, Kinder. Die Schwestern haben Alleinstehenden und Paaren in schwierigen Lebenssituationen zugehört, ohne dass die Uhr tickte.

Schade, dass sie nicht mehr da sind. Was die Frauen im Marienfried und auch im Pallotti-Huus über alle Schichten unbesehen der Konfessionen geleistet haben, kann nur mit einem grossen ‚Vergelts Gott‘ gewürdigt werden. Meinen herzlichen Dank für den öffentlichen Dienst richte ich im Namen der Uzwiler Gemeinschaft sehr gern und mit grosser Überzeugung aus.

Knapl

Denkbar knapp, das Abstimungsergebnis über die Schulanlage Sonnmatt: 50,98 % Nein.

Ob die 41 ungültigen Stimmabgaben das Ergebnis in die eine oder andere Richtung beeinflusst hätten, ist unwahrscheinlich. Man wirds nie erfahren. Es waren aber deutlich zu viele und ein Indiz, dass erfreulicherweise Menschen abgestimmt haben, die es sonst nicht tun.

Fürs nächste Mal: bitte den Stimmausweis unterzeichnen und die Stimmzettel verschlossen in einem separaten Couvert im Stimmcouvert abgeben.

Der Vorteil knapper Ergebnisse: Allen Stimmberechtigten wird wieder einmal bewusst, wie wichtig ihre Stimme ist. Jede Einzelne kann den Unterschied machen.

Problemlos

Sonne, Schnee, Terrasse, Kaffee trinken, Szenerie am Skilift beobachten. Eine Menschentraube wandert friedlich zu Örgeli-Musik durch die Drehkreuze zum Lift. Ein sonnengegerbter Mann mit Bart reicht die Bügel.

Plötzlich mischt sich ein fetter Bass in die Ländler-Musik. Eine junge Frau reiht sich hinten ein, trägt ihre Soundbox mit. Leider ergänzen sich Musikstile nicht optimal,

wie aus den Gesichtern zu lesen ist. Toleranztest. Ja, aber wieviel? Und natürlich kommt Toleranz erst ins Spiel, wenns einem die Fingernägel nach hinten rollt. Ist etwas egal, beanspruchts keine Toleranz.

Interessant der Mann am Skilift: er stellt kurzerhand seine Musik ab, bis die Dame oben ist. Das ist cool: Raum geben statt wettstreiten.

Etwas später, als sich die Szene wiederholt, sagt er freundlich zur jungen Frau: „Diesmal stellen Sie ab, bitte.“ Und es funktioniert, problemlos.

Fokus

Dinge mit etwas Distanz zu betrachten, ist einfacher, als wenn man selbst beteiligt ist. Drum gehe ich gern mal an eine Bürgerversammlung in unseren Nachbargemeinden, seis in Zuzwil, in Oberbüren, in Flawil oder in Oberuzwil. Beim Wiler Parlament schaue ich gelegentlich online vorbei.

Die Gedankengänge, die Werthaltungen in den Gemeinden unterscheiden sich weniger, als man glauben mag. Auch die Lösungsansätze sind nicht diametral anders. Wie sollen sie auch? Die Aufgaben sind ja ähnlich. Trotzdem kann man lernen, sowohl in der Sache selbst wie auch über den Prozess.

Aus diesen Seitenblicken nehme ich mit, dass man im Kontext eines Sachgeschäfts immer auch über Personen reden kann, als Teil des politischen Unterhaltungsprogramms.

Der vom Dorfbach-Geschäft geforderte Zuzwiler Gemeindepräsident Roland Hardegger meinte kürzlich erleichtert: „Was bin ich froh, dass Du jetzt im Fokus stehst und wir einen klaren Auftrag haben!“

Sportlich

Lauberhorn, Doppelsieg – da ist man einfach gern Schweizer und freut sich auf Kitzbühel.

Es braucht viel, überhaupt an die Startlinie, ins Starthäuschen zu kommen: gute Grundlagen, sorgfältige Vorbereitung, präzise Kenntnisse der Aufgabe, Geschick, Ausdauer, Disziplin. Man kann das ins Leben übertragen. Es braucht ein ganzes Team, jahrelanges Engagement vieler Menschen, dass nur schon ein Start möglich ist. Das kann nicht genug betont werden. In dieser Hinsicht ist Politik sehr sportlich.

Dankbar

Gerade habe ich Pius Stössel, unseren langjährigen Steuersekretär und geschätzter Experte, im Treppenhaus getroffen. Er geht bald in den Ruhestand. „Wie ist es so, wenn man das letzte Mal Weihnachten im Berufsstand und damit Endlichkeit erlebt?“ Wir haben uns über Dankbarkeit unterhalten. Wie es wohl gewesen wäre, wenn wir nur 100 Jahre früher oder 3 000 km östlich gelebt hätten. Nicht alles, was man im Leben erreicht, ist das eigene Verdienst.

Am 21. Dezember ist die Wintersonnenwende. Die Tage werden länger, zu Weihnachten gibts wieder mehr Licht. Auch in der Erde bereitet sich die Natur auf den Frühling vor, unsichtbar.

Was für die einen das letzte Mal, ist für andere das erste Mal. Es gibt drum viele Gründe dankbar zu sein: Für den Kreislauf, die Zuversicht, ganz besonders fürs Vertrauen, für gute Begegnungen.

Ich wünsche Ihnen Frohe Festtage und einen guten Start ins Neue Jahr.

Gekocht

Gut essen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen. Raffinierte Kochbücher sind hoch im Kurs. Schön angerichtete Teller werden gern fotografiert und die Bilder in alle Welt verteilt, auf dass dem Betrachter das Wasser im Mund zusammenlaufe.

Auch Menschen, die noch nie eine Sauce abgeschmeckt haben, haben eine Meinung zu dem, was gut ist. Aus dem Militärdienst ist ebenso bekannt: Jene, die noch nie eine Kartoffel geschält haben, können trotzdem meckern.

Zur Kochkunst gehört das Wissen, was wie lange braucht, seis beim Rüsten, zum Einlegen, Braten oder Backen. Die Zeitangabe im Rezept für die Zubereitung muss nicht der

Gesamtzeit vom Rüsten bis zum Essen entsprechen. Das gilt auch für viele andere Lebensbereiche.

Kurz: Die Kompetenz «essen» ist nicht gleich der Kompetenz «kochen».

Wissenschaft

Das Harvard-Konzept ist eine wissenschaftlich fundierte Verhandlungsmethode. Ziel: interessenorientierte und sachbezogene Lösungen finden, möglichst friedlich. Es basiert im Kern auf der Idee, Menschen getrennt von ihren Interessen zu behandeln – über etwas streiten, ohne persönlich zu werden.

An einer Bürgerversammlung gilt es für den Präsidenten, für Strukturen zu sorgen. Menschen sollen zu Wort kommen können. Auf dass die Versammlung gute Entscheide treffe.

Menschen und Sachen trennen. Nicht alle interessieren für die selben Themen. Was für den einen wesentlich ist, kann andere langweilen. Für die Stimmung an einer Versammlung kann das kritisch sein.

Ein Kränzchen der Uzwiler Bürgerversammlung vom letzten Montag: Es kann gelingen, Personen und Sachen getrennt zu behandeln und die Menschen trotzdem zu verbinden – nicht Wissenschaft, sondern gelebte Realität.

Verhältnis

Was unterscheidet eine Abwasserreinigungsanlage (ARA) von einem Schulhaus?

Auf einer ARA gehen nur wenige Menschen ein und aus. Auf einer ARA sind vor allem technische, biologische und hydraulische Fragen anspruchsvoll. Es riecht speziell, Motoren surren, nüchterne Atmosphäre. Abschreibungen, Zinsen und Energiekosten machen über 80 % der Jahreskosten einer ARA aus. Der Anteil an Personalkosten ist tief, das öffentliche Interesse meist auch.

Anders ein Schulhaus. Dort pulsiert das Leben. Schrillt die Glocke, sind auf einen Schlag leere Gänge rappelvoll, füllt Stimmengewirr das Haus. Lehrpersonen, Schulleitung prägen das Klima, die Atmosphäre im Haus soll inspirierend sein. Bei einer Schule sind die Personal- und Betriebskosten massgebend. Die Infrastruktur mit Abschreibungen, Zinsen und Energie machen weniger als 20 % der Jahreskosten aus.

Jede Aufgabe hat ihre Besonderheiten. Und in jedem Fall gilt: Es geht nichts über ein gutes Verhältnis.