Sind Sie Fritz Studli schon begegnet, dem pensionierten Redaktor mit Dackel und Stumpen? Er beobachte vom Stammtisch aus das Uzwiler Geschehen. Was er wohl morgen zur letzten Bürgerversammlung schreibt? Ein Risiko geht er nicht ein. Denn Studli gibt es nicht. Er ist fiktiv, eine Kunstfigur, ohne Körper, deshalb ohne Gewicht. Trotzdem kann er auf die Füsse treten. Gelegentlich zu Recht. Etwa, wenn er feststellt, dass der Uzwiler Gemeindepräsident zu oft in die Kamera grinse. Studli rüttelt auf. Er beleuchtet die Investitionen der Gemeinde kritisch, trauert Hockey-Zeiten und Fasnachtsbeizen nach, spricht schlecht übers Zentrum.
Dass Studli mich ärgert, ist politisch notwendig und nicht weiter tragisch. Umgekehrt muss ich ihn auch nicht gut finden. Im Geiste hatte ich schon mal seinen Nachruf verfasst «Wir trauern um Fritz Studli usw.» und bin ob meines Gedankens erschrocken. Ich erinnerte mich an Andrej Kurkow’s Buch ‹Picknick auf dem Eis›. In diesem Buch verdient ein Schriftsteller seinen Lebensunterhalt, indem er Nachrufe schreibt, Nekrologe. Speziell daran: Er schreibt sie auf Vorrat, die beschriebenen Personen leben alle. Noch. Denn kaum hat er den Nachruf der Zeitungsredaktion abgeliefert, schlägt die Mafia zu.
Hoppla, das sind schwarze Gedanken. Allerdings: Studli lebt nicht, existiert gefahrlos. Und ich kann ebenso gefahrlos schreiben, muss den södrigen Stumpenraucher von gestern samt Hund nicht schonen. Er könnte mir ja auch als frisch-dynamisch frecher Zeitgeist auf die Füsse treten. Kontroverse ist das Salz in der Suppe, sagt Studli. Ich bin gespannt, was morgen in der Wiler Zeitung steht.