Kredit

In einem Gespräch erfahre ich, dass ein junger Mann für sein Berufsziel gespart hat. Jahrelang jeden Rappen auf die Seite gelegt. Und doch reicht es nicht, um seine Ausbildung in Angriff zu nehmen. Es fehlen ihm etwa 7 000 Franken. Zufällig trifft er einen Unternehmer, Mitte 30. Dieser nimmt den jungen Mann unter seine Fittiche, streckt das fehlende Geld und das Theoriematerial vor, zinslos.

Der junge Mann besteht in Theorie und Praxis und zahlt in Raten zurück, dank besserem Job in kurzer Zeit. Dieser sei zwar streng mit unregelmässigen Arbeitszeiten, zu Hauptverkehrszeiten hektisch und gefährlich, mache aber Freude.

Ich fragte den Unternehmer, weshalb er das machte. Eine Baucheinschätzung sei das gewesen. Anständiger junger Mann, mit Leistungswille, umsichtig, freundlich, nicht ungeschickt.

So geht die Geschichte eines einstigen Asylbewerbers, der mittlerweile kurz vor der Einbürgerung steht. Wahrscheinlich brauchen wir alle im Leben einmal jemanden, der uns Kredit gibt. Und eine positive Erfahrung, es ebenso zu tun.

Kopieren

Kopieren ist oft das Werk eines Einzelnen. Sie malt einen Rembrandt nach, er zieht eine Kopie einer Diplomarbeit. Geht’s um Geld, geschiehts meist im Verborgenen. Fälschen und kopieren kann auch nationales Konzept sein. Konfuzius dazu: „Wer das Werk kopiert, ehrt den Meister!“ Aus heutiger Sicht ist das Diebstahl zu höherer Kunst erheben.

Um so wichtiger: Was lässt sich nicht so leicht kopieren? Gesellschaftliche Leistungen. Wie z.B. die Berufsbildung – da steckt ein ganzes Wertesystem dahinter. Ausbilden, damit die Konkurrenz abwirbt? Wer’s trotzdem tut, hat Selbstvertrauen, signalisiert „wir können mithalten“. Ab dem ersten Tag den Realitäten der Wirtschaftswelt erleben, das kann die Berufslehre besser als jedes Studium. Die Berufsschule verbindet dazu Theorie und Praxis. Das sorgt für Unabhängigkeit. Der junge Mensch kann das Gelernte in der ganzen Branche einsetzen. Weshalb funktionierts? Wer diese Erfahrung machen durfte, gibt Wissen aus innerer Überzeugung weiter. Und ist wachsam. Genau das braucht unsere Berufsbildung.

Lucas Keel

PS: Kopiert? Ja, aus dem Vorwort des Geschäftsberichts!