Bild

Welche Konsequenz hat die allzeit bereite Kamera? In Urzeiten sah der Mensch sein Anlitz in einem ruhigen Wasser oder auf einer polierten Metalloberfläche. Nur Wenige wurden portraitiert und wie heute retuschiert. Ein Bild von sich zu haben war ein Statussymbol. Später gab es gestellte Familienfotos. Wer sich in der Zeitung sah, schnitt den Artikel aus. 

Ein Bild stützt die Erinnerung, ohne wüsste ich vieles nicht mehr. Es hält Momente gefangen, positive und solche, die man gern loswürde. Das Lächeln auf einem Bild entspricht vielleicht nicht dem Vorher und dem Nachher. Das führt zur Frage, was echt ist.

Unser Selbstbild ist geprägt von einer Sammlung fixierter Zustände, ab dem Babyalter, oft mit inszenierter Fröhlichkeit. 

Wohin führt das, zum optimierten Menschen? Was macht das mit der Gesellschaft? Man siehts im Spiegel.

Schrubben

Putzen ist eine unterschätzte Fähigkeit, ja eigentlich eine Kunst. Oft gelingts mir nicht so gut, wie ich es gern hätte. Woran liegt das?

Die einfachste Erklärung, auch Ausrede, ist, dass man den Dreck nicht gesehen hat. Nächste Erklär-Stufe ist, dass grad nicht das richtige Werkzeug oder Reinigungsmittel zur Hand war. Noch höher in der Kaskade der Ausreden ist ‚keine Zeit gehabt‘. Und der Gipfel: „Ich konnte es beim besten Willen nicht besser!“

Mit richtig Putzen lässt sich bekanntlich viel herausholen: Lebensdauer verlängern, Status erhöhen, Umweltbelastung verringern. Drum muss man auch gut putzen können, sprich langlebig bauen.

Rund ums Putzen gäbe es noch viele Aspekte wie Chemie, Physik und Psychologie: Es ist ‚grad geputzt und schon wieder dreckig‘ oder die freche Haltung ‚Du bist bezahlt zum Putzen’.

Drum hier ein herzlicher Dank an alle guten Geister.

Putzen ist eine typische Tätigkeit, die mit der Hoffnung verbunden ist, dass es ein anderer macht. Diese Haltung sollte besonders gründlich geschrubbt werden.

Beobachten

Menschen beobachten, das ist eine beliebte Beschäftigung. Gern praktiziert in den Ferien oder am Wochenende, in einem Café sitzen, aus der zweiten Reihe dem lustigen Treiben auf einem historischen Platz zuschauen. 

Anlass zum verdeckten Zuschauen kann ein stilles Studium der menschlichen Natur sein. Möglicherweise ist es die eigene Wortlosigkeit. Oder eine künstlich erzeugte Langeweile, auf welche kreative Ideen folgen sollen. Vielleicht sind es besondere Figuren, die diese Theaterbühne bespielen, von denen man lernen möchte. 

Eine lustige Spielform finde ich, wenn man zu erraten sucht, wer welchen Beruf hat, woher sie kommt, was er wohl vorhat.

Wahrscheinlich ist das alles viel zu weit gedacht und beobachten ist einfach ein Ur-Trieb wie atmen oder schlafen. Der will nicht erklärt oder beschrieben sein.

Menschen beobachten, die Menschen beobachten: Interessanterweise scheint das viele Menschen seltsam zu berühren, wenn sie in ihrem Beobachten beobachtet werden. 

Weshalb? Ein mögliche Antwort aus der Quantentheorie: Der Beobachter bestimmt das Ergebnis.

Waage

Jüngst hatte ich Kontakt mit einem Uhrmacher. Er erklärte mir, wie ein Fachmann eine mechanische Uhr einreguliert. Er verwendet dazu eine ‚Zeitwaage‘. 

Zeitwaage? Hat Zeit ein Gewicht?

Die Zeitwaage des Uhrmachers misst über die Töne des Uhrwerks wie präzis die Uhr Tick-Tack macht. Anhand dieser Töne kann die Abweichung berechnet werden, wieviel die Uhr im Tag vor oder nachgeht. 

Hat Zeit auch Töne?

Um etwas zu erfassen, kann man manchmal nicht direkt aufs Ziel zusteuern, muss indirekt messen. Und stellt fest, dass viele Dinge komplexer sind, als sie auf den ersten Blick scheinen.

Wenns für Zeit schon eine Waage gibt, sollten wir ihr Gewicht geben, jetzt.

Pfosten

Die kleinen Elephanten vorm Gemeindehaus sind Sympathieträger, von Kindern bemalt und vom Werkhof mit Beton gefüllt. Eltern mussten auf dem Weg zum Birkenhof oder zum Gemeindehaus oft einen Zwischenhalt einlegen, weil ihr Sprössling unbedingt noch eine Runde reiten wollte.

Nun, die Elephanten gehen uns aus. Ihr Auftrag, den öffentlichen Raum vom Verkehr frei halten. Das ist ein harter Job, sehr hart. Sie wurden angefahren, umgeworfen, ramponiert.

Können nicht einmal Humor und Farbe etwas ausrichten? Muss jeder Baum, jede Verkehrsinsel, jedes Plätzchen, signalisiert, angeschrieben, beleuchtet werden? Muss jede freie Fläche abgesperrt werden, massiv und unkaputtbar?

Das zu akzeptieren fällt mir immer noch schwer, denn die grosse Mehrheit der Menschen hat Augen im Kopf und Verstand dahinter.

Man muss Elephanten nicht mögen. Sie haben jedoch zwei unbestreitbare Vorteile: Kosten und rosten.

Ob die Öffentlichkeit tatsächlich Pfosten gegen „Pfosten“ verlangt?

Abgekürzt

Abkürzungen sind reizvoll: mit weniger Aufwand ans Ziel kommen. An Familienwanderungen habe ich da spezielle Erinnerungen. Nicht jede Abkürzung von Vater Keel war in meiner frühen Wahrnehmung schneller, leichter, bequemer. Wobei mir – ehrlich gesagt – meist der Vergleich fehlte, wie die andere Route gewesen wäre. Nur spielt das in dem Moment keine Rolle, in dem man in einem Bachtobel steckt, sich durchs Dickicht kämpft oder sich einer Felswand entlang zwängt. Oft träumte ich davon wie schön es wäre, wenn es eine Brücke übers Tal gäbe. Und ja, wir sind allem Meckern und Schimpfen zum Trotz immer gut angekommen.

Wertvolle Erkenntnis: Auf dem Lebensweg gibt es keine Abkürzungen. Und Vertrauen kommt sowohl bei Abkürzungen wie auch auf Umwegen auf den Prüfstand, bei dem, der führt und bei dem, der mitgeht.

Budget

Planen gehört zu den Dingen, die am meisten mentale Energie brauchen. Heute diskutiert der Gemeinderat das Budget in erster Lesung. Das bedeutet, viele Variabeln, viele Einflussfaktoren gleichzeitig präsent haben, Szenarien und Zukunft abschätzen. Der Druck ist hoch. Und damit ist genug über die Farbe der Zahlen gesagt. Kürzen, auch hier.

Verpackt

Gut verpackt ist halb … – geschenkt, geschützt, erzählt? Eine gute Verpackung kann vieles. Im Versand-Zeitalter haben clevere Kartonlösungen und Verpackungen Konjunktur. Ja man sagt sogar, dass die Verpackung wichtiger als der Inhalt sei. Oft ist Verpackung auch Ärgernis, als Abfall oder weil unsäglich volumniös.

Auch wichtig: Ein liebevoll verpacktes Geschenk spricht zum Herzen. Schönes Papier und kunstvolles Mäscheli geben einem Geschenk zusätzliche Bedeutung.

Verpackung kann auch verwirren: Jüngst habe ich eine Führung durchs Gemeindehaus gemacht. Als Dank erhielt ich Pralines von Niffeler, hhhmm, und einen Sack Nüsse, gut fürs Gehirn. Ein paar Tage später blieb mir keine Zeit fürs Mittagessen. Ich erinnerte mich an die Nüsse, die Schokolade war schon weg. Also öffnete ich hungrig das Säcklein, vom Coop nota bene, griff geistesabwesend hinein und biss zu. Komisch, so weich? Ich brauchte 10 Sekunden, bis ich‘s gecheckt hatte: Drauf stand ‚Cashewnüsse‘, drin hatte es getrocknete Apfelringe. Ein Verpackungsfehler wie man ihn heutzutage fast für unmöglich hält, angesichts der Qualitätskontrollen überall.

Erstens: Auch Fehler können gut verpackt sein. Und zweitens: Verpackung kann zur Hauptsache werden, wie hier.

Frosch

Will frühmorgens aus dem Haus. Die Tür zum Trocknungsraum im Keller ist ein Spalt offen, möchte sie schliessen. Da registriere ich im Augenwinkel eine Bewegung. Beim dritten Hinsehen stelle ich fest: ein Frosch! Wie ist der nur in den Keller gelangt? Nun, das bleibt vorerst des Frosch‘s Geheimnis. Mit einem Topf ist er schnell gefangen und ins Grüne bugsiert.

Als ich diese Reminiszenz erzähle, spöttelt ein Kollege: „Woher hast Du gewusst, dass das kein Prinz war?“

Stimmt, da habe ich ja noch Glück gehabt. Ich will mir gar nicht vorstellen, dass Ingrid den Frosch gefangen und …

Wer sicher ist, dass er kein Prinz ist, der sichere seine Lichtschächte und entferne andere mögliche Fallen im Garten. Igel brauchen zB Durchlässe im Zaun von 12 cm x 15 cm.

Helm

Ob man Vorbild sein will oder nicht, die Vorbildfunktion ist – in Dingen, die gut gelingen und auch in allen anderen. Heisst Vorbild sein, dass ich der Beste, die Beste sein muss? Das ist aussichtslos. Heisst aber nicht, dass man sich keine Mühe geben soll.

Ich bin oft mit dem Velo unterwegs. Zugegebenermassen geht der Helm auch mal vergessen. Das hat mir schon Kommentare eingetragen, von wegen Vorbild und so. Und das stimmt ja auch. Mit Helm ist klüger.

Ob ein Helm auch nötig wäre, um die ‚vielschichtigen’ Kommentare in sozialen Medien zu lesen? Wie mir berichtet wird schon. Da trag ich lieber einen zum Velofahren und verzichte aufs Lesen mit Helm. Allein schon wegen der Vorbildfunktion.

PS: Vor zwei Wochen war Schulbeginn, geben Sie Obacht.