Zeit

Wie wäre die Welt ohne Zeit? Keine Termine, keine Pausen und keine Ferien. Der öffentliche Verkehr bliebe ohne Fahrplan. Es gäbe kein Lichtsignal. Computer und das Internet müssten neu erfunden werden, auch die Musik und die Skirennen.

Schräge Gedanken. Allerdings ist die erste bekannte Sonnenuhr erst 6 000 Jahre alt. Die alten Ägypter hatten Sand- und Wasser-Uhren, die alten Griechen kannten den Wecker. Mechanische Uhren gibts seit 700 Jahren.

Die Geschichte des Homo sapiens reicht jedoch weit über 100 000 Jahre zurück. Ergo existiert der Mensch schon deutlich länger ohne Uhr als mit Uhr. Erkenntnis? Es ist nicht unmöglich, dass auch in Zukunft etwas in unser Leben treten könnte, das eine ähnliche Bedeutung wie die Uhr hat. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Dank der Zeit gibt es Vergangenheit und Zukunft und die Hoffnung, dass alles besser wird. Bis dahin lösen wir die handfesten Probleme, klären mit dem Curling Club, wer das Hallendach kaputt gemacht hat und mit der Nachbarschaft den Standort des Salzsilos.

Lächeln

Vorsätze nach den Festtagen zielen oft auf Wohlbefinden und Fitness: Gleichgewicht wieder herstellen. Weil man mehr gegessen hat, mehr gesessen ist, als verträglich war. Dieses Problem lässt sich auf verschiedenste Lebensbereiche und alle Jahreszeiten übertragen, betrifft den einzelnen Menschen ebenso wie das Gemeinwesen. Es lässt sich, so meine Beobachtung, kaum ganz vermeiden. Entscheidender ist, dass man weiss, wie man wieder zurückfindet, vorzugsweise ohne sich allzu sehr plagen zu müssen.

Abnehmen, Gewicht reduzieren, Ballast abwerfen ist drum nach meiner Einschätzung das schlechtere Ziel als Balance finden. Nicht, weil man etwas anderes machen müsste, sondern weil das erstere, Gewicht reduzieren, mit Anstrengung, Verzicht, Qual, verbunden wird. Balance finden hat dagegen etwas leichtes, spielerisches, lustvolles. Ein Indiz, dass dies gerade gelingt: Mehr lächeln, auch innerlich, für sich. Das wünsche ich Ihnen und uns im 2024.

Geschenk

Der Blick aufs vergangene Jahr macht Freude. Vieles ist auf gutem Weg. Die Aufgabenbücher sind zwar voll und nicht alles kann jetzt und sofort. Mit Kontrollen macht man sich keine Freunde. Gemeinde-Projekte haben oft eine grosse Zahl von Beteiligten, Kommunikation ist nahe unendlich schwierig. Und zuguterletzt versuchen sich Staatsverweigerer, zwischen bedauernswert und frech.

Was schwierig ist, kann nicht jeder, nicht jede. Drum sind Herausforderungen ein ‚Geschenk‘, jedoch nicht für unter den Christbaum. Auspacken und in die Ecke stellen geht nicht. Es ist auch nicht schnell gegessen oder nur zur Zierde. Herausforderungen sind ein ‚Geschenk‘, um dran zu wachsen. Sie müssen nicht gross, es können auch nur viele sein.

Eben hat sich R. F. per Mail für sanierte Bänkli, Wegtäfeli und einen Defi bedankt. Das freut mich. Damit man sich ums Grosse kümmern kann, müssen die kleinen Dinge erledigt sein. Meine Weihnachtsgrüsse an Sie verbinde ich drum mit meinem Dank an mein Team.

Gestaunt

Stand kürzlich in einer Menschenmasse, hörte, was Leute so über die neu gestaltete Bahnhofstrasse sagen. Vielleicht lags am Hut und am hochgeschlagenen Kragen, dass die Leute ‚offen‘ sprachen. Ähnlich gings kürzlich bei einem Mittagessen in einer Gruppe, welche die Menschen nicht über den Beruf identfizierte. Schön, einmal nicht Gemeindepräsident zu sein. Es wurde intensiv über die Energieversorgung und die Mangellage diskutiert.

Das sind interessante Momente. Man erfährt, wie der Wissensstand der Allgemeinheit über die öffentliche Infrastruktur ist und welche Bilder sie sich macht. Da werden erstaunliche Kombinationen hergestellt, auf die man nimmer gekommen wäre. Angefangen von der Vermutung, wer welche Interessen haben könnte bis zur Einordnung von technischen Details. Es werden Beziehungen als Grund für Entscheidungen vermutet, die mir jedenfalls nicht bekannt sind und für die ich auch keine Indizien habe.

Man muss einfach kommunizieren, verständlicher erklären, sicher. Dann gibt es weniger Fehlschlüsse. Allerdings, es ist auch eine Pflicht, an der Quelle nachzuforschen statt nur nachzuerzählen.

Nun gut, es ist Weihnachtszeit. Ob da Quellenforschung auch wichtig ist? Jedenfalls ist staunen hier sicher politisch korrekt.

Ersatz

An der Bahnhofstrasse stehen beim evangelischen Kirchgemeindehaus zwei kapitale Rotbuchen. Der schwere Schnee der letzten Tage und Pilzbefall haben diesen wohl über 150-jährigen Giganten so zugesetzt, dass sie gefällt werden müssen, aus Sicherheitsgründen. 

Schade, da hilft nichts, dass die Bäume unter Schutz stehen und die Kirchgemeinde in weiser Voraussicht am Standort bereits vor einiger Zeit zwei neue gepflanzt hat. Die Lücke wird das Ortsbild und das Kilma im Umfeld massgeblich verändern. Jede der beiden Buchen hat mehr ‚ökologisches Gewicht‘ als 20 Jungbäume. 

Junge Bäume ärgern oft, wie Jugendliche. Später gehen sie in der Masse unter, sie sind einfach. Wenn sie alt und gross sind, machen sie Freude, erheischen Respekt, spenden Energie und haben Strahlkraft. Dank denjenigen, die sie gepflanzt und gepflegt haben. Eine schöne Lebensmetapher.

Geste

Wer lässt sich schon gern in seinem Fluss aufhalten, behindern? Man hat ein Ziel vor Augen und will es erreichen – also flott voran. Links oder rechts schauen behindert nur.

Am Beispiel der Fussgängerin mit den Kopfhörern im Ohr. Sie biegt unvermittelt ab, läuft straks über den Fussgängerstreifen, vertraut drauf, dass sie nicht „aufgeladen“ wird. Das finde ich ignorant, leichtsinnig und unverschämt. Nicht links oder rechts schauen bedeutet Verantwortung in unzulässiger Weise übertragen. Hier auf den Autofahrer.

Es geht auch anders. Und es braucht nicht viel. Eine kleine Geste kann Wunder wirken. Dazu möchte ich Sie ermuntern, wie kürzlich am Lindenkreisel erlebt. Eine Dame will über die Strasse. Sie weiss, dass sie den Morgen-Verkehr aufhält. Drum beschleunigt sie fast unmerklich. Der kleine „Hüpfer“, jeder nach seinen Möglichkeiten, macht den Unterschied. Diese kleine, freundliche Geste des Bemühens lässt einen gern halten, warten.

Das Lichtsignal im Uzwiler Zentrum wird Vollgrün. Ein Ort für freundliche Gesten.

Dialog

Der Abschied von Werner Dintheer sel, alt Schulratspräsident, und die Bürgerversammlung vom kommenden Montag führen meine Gedanken zum Thema Dialog und der Frage, was einen guten Dialog ausmacht. Ist es das Ringen um neue Ein- und Ansichten, auf das man sich mutig einlassen muss, die Bereitschaft zuzuhören und andere Meinungen zu integrieren? Ich habe viele gute Erinnerungen. Mit etwas zeitlichem Abstand gewinnen diese Beispiele eines ernsthaften Dialogs zusätzlich an Wert, seien es eine Klärung, eine Abstimmung oder ein Entscheid.

Lässt sich das schaffen, aus einem Dialog anders herauskommen als man hineingegangen ist, macht vieles Sinn – sei es ein Leben oder auch nur die Teilnahme an der Bürgerversammlung vom 27. November 2023.

Metapher

Wenn es um Organisationsfragen geht, werden gern Bilder zum Vergleich herangezogen, Metaphern benützt: das Schiff im Sturm, die schwere Bergtour und andere mehr. Meist sind diese ziemlich abgegriffen.

Über die Trennung von strategischen und operativen Aufgaben, Controlling und Prozesssteuerung wird jährlich Stoff produziert, der sich im Kreis dreht.

Dabei geht es doch um Menschen! Niemand ist wie die Andere, der Andere. Genau deshalb ist Organisation so interessant. Man weiss, es braucht sie, lieber wäre die totale Freiheit.

Der Schulrat soll durch ein neues Modell ersetzt werden. Und jetzt? Hilft die eigene Erfahrung in Organisationsfragen oder steht sie der Zukunft im Weg?

Zwischenruf

In einem Parlament wird strukturiert diskutiert. Dafür gibt es Instrumente wie den Auftrag an die Regierung, ein Gesetz zu schreiben, die ‚Motion. Oder den Auftrag, einen Bericht zu verfassen, das Postulat. Und es gibt den orchestrierten Zwischenruf, Interpellation genannt.

Interessant an der Interpellation: ein Parlamentarier stellt der Regierung Fragen, auch suggestive. Diese gibt an der nächsten Session schriftlich Antwort. Der Fragesteller bekommt 3 Minuten Zeit, vor versammeltem Plenum zu sagen, was er von der Antwort hält.

Und jetzt kommt, was ich so wertvoll fürs Zusammenleben finde. Gemäss Standardablauf stellt die Kantonsratspräsidentin je nach Votum fest: „Der Interpellant ist mit der Antwort nicht zufrieden (bzw. zufrieden). Die Interpellation ist erledigt. Wir kommen zum Geschäft Nr …“.

Was auf den ersten Blick erschreckt, ist heilsam. Das System stellt fest, dass jemand nicht zufrieden ist und geht weiter. Meinungen anhören ohne zu missionieren? Schwierig und wichtig!

Modell

Das Verhalten von Flüssigkeiten, in der Fachsprache auch Fluid genannt, ist schwierig vorherzusagen. Wo gibts Wellen, wieviel hat noch Platz, wann schwappts über?

Honig fliesst anders als Blut oder Wasser, anders in einem Rohr als offen, abhängig von Druck oder Scherkräften.

Die Fachwelt braucht zur Erklärung komplexer Modelle Vereinfachungen. Wenn der Experte von einem Hochwasser spricht, das alle 100 Jahre auftritt, bezeichnet er das als HQ100. Dahinter steckt ein Modell mit statischen und dynamischen Grössen, das etwas über das Verhalten von Fluiden sagen will.

Nur weil man einen Begriff wie HQ100 kennt, heisst das nicht, dass man das Modell verstanden hat. HQ100 ist schwer zu erfassen, weil Wahrscheinlichkeiten im Spiel sind. Hundert Jahre hat niemand im Gefühl und schon gar nicht in Zukunft.

Von Experten habe ich gehört, dass es inneralpin modellrelevant weniger, dafür heftiger regne als in den Voralpen. Und dass es zwischen Uzwil und Flawil markante Unterschiede gebe, mindestens in Bezug auf Wetter und Regen.