Modell

Das Verhalten von Flüssigkeiten, in der Fachsprache auch Fluid genannt, ist schwierig vorherzusagen. Wo gibts Wellen, wieviel hat noch Platz, wann schwappts über?

Honig fliesst anders als Blut oder Wasser, anders in einem Rohr als offen, abhängig von Druck oder Scherkräften.

Die Fachwelt braucht zur Erklärung komplexer Modelle Vereinfachungen. Wenn der Experte von einem Hochwasser spricht, das alle 100 Jahre auftritt, bezeichnet er das als HQ100. Dahinter steckt ein Modell mit statischen und dynamischen Grössen, das etwas über das Verhalten von Fluiden sagen will.

Nur weil man einen Begriff wie HQ100 kennt, heisst das nicht, dass man das Modell verstanden hat. HQ100 ist schwer zu erfassen, weil Wahrscheinlichkeiten im Spiel sind. Hundert Jahre hat niemand im Gefühl und schon gar nicht in Zukunft.

Von Experten habe ich gehört, dass es inneralpin modellrelevant weniger, dafür heftiger regne als in den Voralpen. Und dass es zwischen Uzwil und Flawil markante Unterschiede gebe, mindestens in Bezug auf Wetter und Regen.

Fertig

Wann ist etwas fertig – ein Text, ein Werkstück, ein Bild? Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ist das Ziel erreicht, die Zeit abgelaufen, der technische Prozess beendet oder sagt das Bauchgefühl „Schluss“?

Allerdings: Künstler haben schon Bilder übermalt, Schriftsteller fertige Bücher überarbeitet. Und ich war schon dabei, als aufwändige Handarbeiten aufgelassen wurden, Holzstücke geschreddert und dachte: uiuiui, soviel Arbeit.

Die innere Überzeugung gewinnen, dass etwas fertig sei, hat einen hohen Wert – Freudehaben, Nutzen- und Präsentierenkönnen. Kürzlich war ich in der Galerie am Gleis. Da hing ein grossformatiges Winterbild, eher mit grobem Pinsel zur Betrachtung aus der Distanz gemalt, eine Berglandschaft mit verschneitem Wald. Auf meine sinnierende Frage an C. H., einen anderen Besucher, wann die Malerin wohl gemerkt habe, dass sie fertig sei, meinte dieser trocken: Als der Frühling kam.

Schwelle

Man steht auf in der festen Absicht, x oder y zu erledigen. Und stellt auf halbem Weg fest: „Was wollte ich eigentlich?“ Dieses Erlebnis kennen alle. Offenbar steigt die Wahrscheinlichkeit des Vergessens mit der Zahl der überquerten Türschwellen. Das habe damit zu tun, dass das Hirn den Alltag in Episoden unterteilt. Immer, wenn man einen neuen Raum betritt, eine Schwelle überquert, beginnt eine neue Episode. Drum hilfts oft, wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Dann fällt das ursprüngliche Ziel wieder ein.

Dieser psychologische Effekt könnte durchaus von Nutzen sein, auch wenn er zuerst ärgert. Gelegentlich lohnt es sich sowieso zum Ausgangspunkt zurückzukehren und zu prüfen, ob die ursprüngliche Absicht wirklich klug war. Und bestätigt sie sich, kann mit bestärkter Gewissheit das Ziel anvisieren.

Auf dem Weg zur Sitzung des Gemeinderats sind noch 3 Türschwellen zu überqueren.

Watt

Letztes Jahr haben wir uns um diese Zeit mit der Energiemangellage beschäftigt. Weniger heizen, Lampen ausschalten, öffentliche Anlagen zurückfahren. Heute scheinen sich die technischen Probleme in finanzielle verlagert zu haben. Jedenfalls scheint kaum plausibel, dass die Produktion so schnell erhöht werden konnte, in der Schweiz. Die Energiepreise explodieren trotzdem.

Auch der menschliche Körper produziert und braucht Strom. Das Gehirn nutzt diesen Strom, um mit dem Körper zu kommunizieren, braucht dafür etwa 20 Watt je Stunde – das ist doppelt soviel wie eine LED-Lampe. Auch das Herz wird durch elektrische Impulse am Schlagen gehalten, braucht dafür etwa 1,5 Watt je Stunde. Das ist sehr wenig. Bei den aktuellen Strompreisen von 33 Rp./kWh kostet das weniger als 1 Rappen in der Stunde. Fazit: Der Mensch für sich selbst wäre gegenüber Energie-Preiserhöhung recht robust. Nachdenken kostet besonders wenig.

Milch

Qualität ist das Ergebnis einer ganzen Kette. Am Beispiel des Rohmilchkäse wie Appenzeller, Sbrinz, Greyerzer oder Büffel-Mozzarella: Die Kette beginnt damit, dass der Landwirt sein qualitativ gutes Gras trocken einbringt. Es darf nicht gären. Drum kann er nicht zu jeder Zeit heuen und emden.

Dann muss er seine Kühe gesundhalten. Antibiotika in der Rohmilch killt den Käserei-Prozess. Die Melkanlage muss stets tadellos sauber sein. Auch auf dem Transport und in der Käserei dürfen keine Keime das Rohprodukt verunreinigen, sonst ist eine ganze Charge im Eimer, auch die der anderen Produzenten.

Milch von Kühen, die mit vergorenem Futter aus dem Silo oder Ballen gefüttert wurden, muss erhitzt werden, damit sie keimarm ist. Ein kleiner Unterschied, der die Tierhaltung, die Futterproduktion und die industrielle Verarbeitung von Milchprodukten beeinflusst.

Was viele zusammen gut machen müssen, ist schwer zu kopieren. Und: Was wir essen wirkt auf die Qualität der Landschaft.

Landschaft

Peilt man vom Vogelsberg oder nur schon vom Uzwiler Bahnhof aus über die Landschaft, sieht man: Bichwil, Flawil, Niederwil, Niederhelfenschwil, Zuzwil – alles etwa auf der selben Höhe. Man erkennt die ehemals vom Gletscher in der Landschaft grob geschaffene Ebene, in welche sich später die Flüsse wie die Thur oder die Glatt eingekerbt haben – riesige Kräfte. Der Gletscher soll in Uzwil um tausend Meter ‚dick‘ gewesen sein.

Über die Jahrtausende hat sich Wald über das nackte Gestein gelegt. Was wir heute als freie Fläche, grüne Wiese, kultiviertes Land erkennen, wurde über Generationen urbar gemacht, gerodet, Wurzelstöcke und Steinbrocken mühselig ausgegraben. Was so schön topfeben scheint, war mit grosser Wahrscheinlichkeit zuerst ein See und dann ein Sumpf, der trockengelegt wurde.

Man kann unsere Landschaft besser und präziser als ich erklären. Das Interesse, warum etwas ist, wie es ist, sollte in uns selbst und als Gesellschaft lebendig sein, besonders dort, wo wir regelmässig hinschauen ohne zu fragen.

Blick

Jemand will eine Firma, den Vorsitz eines Vereins, die Leitung einer Projektorganisation, ein Gemeindepräsidium übernehmen. Was macht man da? Man schaut: wer sind die Kunden, Vereinsmitglieder, die Bürger und fragt sich, ob man mit diesen etwas erreichen kann. Anständige Leute, gute Diskussionskultur, kompetitiv und fair, mit Potenzial? Ebenso das Team, die Mitarbeitenden, der Verwaltungs- oder Gemeinderat: sind Kompetenzen vorhanden, Ideen, ist Mumm da, etwas vorwärts zu bringen? Und es braucht den Blick in die Kasse, wie gehts dieser? Taugt die Infrastruktur? Finale Frage: Lohnt es sich, Lebenszeit und Energie zu investieren, sieht man die Aufgabe und fühlt sich dieser gewachsen?

So oder ähnlich dürften Gedankengänge von Menschen laufen, die Führung übernehmen wollen. Und dann schaut man sich um und stellt fest, dass das nicht so sein muss. Interessant zu beobachten. Ich bin gespannt, ob andere Ansätze mehrheitsfähig sind, namentlich wie man dauerhaft auf Unzufriedene bauen kann.

Vergleich

Dass man etwas vergleichen kann, setzt voraus, dass man mehrere Informationen parallel im Kopf halten kann. Das ist eine beachtliche Hirnleistung, etwa für das Arbeitsgedächtnis im präfrontalen Kortex.

Und wir wissen, dass sich Erinnerung mit jedem neuen Erlebnis, jedem neuen Blick, neuem Wort, Ton, Gefühl, jeder neuen Zahl verändert. Das neu Hinzukommende führt dazu, dass das Alte neu bewertet, bestätigt, vielleicht auch geschärft oder bald vergessen wird.

„Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“, meinte Søren Kierkegaard, der dänische Philosoph (1813-1855). Und der Volksmund sagt: „Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“. Ich finde: Doch, man kann Äpfel und Birnen vergleichen! Das Ergebnis ist einfach ein anderes als wenn man Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleicht. Entscheidend ist, was und wie man vergleicht und welche Bedeutung man dem Vergleich gibt.

Über den Sommer erstellt die Verwaltung das Budget 2024. Man wird es mit dem Vorjahr, mit Kennzahlen, mit anderen Gemeinden, mit allem Möglichen vergleichen. Ist das das Ende des Glücks und Anfang der Unzufriedenheit oder einfach ein neues Ergebnis? Der Gemeinderat wird sich anfangs September damit befassen.

Geheim

Es gibt sie noch, die wirklich schönen Orte vor der eigenen Haustür, die niemand kennt. Zugegeben, man muss ein paar Meter gehen, den Einstieg finden, Karte lesen können und etwas geschickt sein. Dafür hat man beispielsweise kühles Wasser für sich allein. Früher hätte man von einem solchen Ort vielleicht ein Foto gemacht, hätte in seinem Umfeld berichtet, den Tipp weitergegeben. Das hat sich gewandelt. Man muss nicht alles weitererzählen, publik machen. Leicht erreichbar sein ist für schöne Ort ein Risiko. Sie sind überlaufen. Abfall häuft sich. Besondere Pflanzen werden von Ahnungslosen abgeknickt oder zertreten, besondere Stücke mitgenommen.

All das spricht dagegen, gute Fotos der Glatt zu zeigen. Weshalb wir es trotzdem tun? Weil man nicht schätzen kann, was man nicht kennt. Und weil Leserinnen und Leser des Uzwiler Blatts vernünftige Menschen sind.

Schöne Ferien an Ihrem Geheimplatz!

Richtig

Kirche und Staat, eine spannungsvolle Beziehung. 1803 trennten der Kanton St.Gallen und die Kirchen Staat und Religion, Säkularisierung genannt. Seither ist das Bestattungswesen Sache des Staats und sterben etwas Unpolitisches.

Auf allen Stationen meiner Arbeit für Gemeinden gaben Friedhöfe zu reden. Falsche Kunst am Aufbahrungsgebäude, schlechte Lautsprecheranlagen und deshalb Ruhestörungen der Nachbarschaft, fehlende Parkplätze und Grüngut-Kübel, zu grosse Grabsteine und ungeeignete Einfassungen, Grabfeldsanierungen, privater Grabschmuck, konfessionelle Gebräuche. Zusammengefasst: Friedhöfe sind schwierig, auch wenn ‚Frieden‘ und ‚Hof‘ etwas anderes erwarten liessen. Ich bin froh, dass Gemeinde und Kirchgemeinde in Sachen Friedhof Henau einer Meinung sind.

Im Bestattungswesen ist viel Raum für Diskussionen, über alle Konfessionen und Staatsebenen. Das wird noch zunehmen. Drum erlässt die Gemeinde die Regeln mit dem Ziel, es für viele gut und nicht, es für alle richtig zu machen.