Übeltäter

Am 27. Dezember läutet um 9 Uhr das Telefon. Aufstehen vom Zmorge. Tele-Top am Apparat. Ein Journalist: «Was sagen Sie zum Saubanner-Zug in Zuckenriet»? Mein erstauntes «Hä» löst die Frage aus, ob ich denn die News der Kantonspolizei nicht mit dem Frühstück verspeiste? Gott bewahre – es ist Sonntag. Mein Hunger nach Unfällen und Verbrechen ist nicht so gross, zu keiner Tageszeit. Worum es denn gehe? Der Journalist: «In der letzten Nacht haben Unbekannte im Schlossberg-Quartier einen Sachschaden von Hunderttausenden Franken verursacht. Publizieren Sie jetzt auch wie Niederbüren die Namen der Täter?» Hoppla! Hunderttausende Franken, das muss ja aussehen! Die Kernfrage des Reporters bleibt: «Folgen Sie dem Beispiel von Niederbüren und publizieren Sie die Namen der Täter?»

Nach einem Anruf bei der Kantonspolizei ist die Schadensumme um zwei Stellen reduziert, immerhin. Dafür weiss ich jetzt, dass 19 Haushalte betroffen sind. Ich weiss, dass die Täterschaft (noch) nicht bekannt ist. Ergo gibt es keine Namen zu publizieren. Der Medienchef der Polizei gibt mir den Tipp: Es ist besser, wenn Sie vor der Kamera Stellung nehmen. Gesendet wird eh. Vor der Kamera will der Journalist wissen, ob wir‘s denn täten, die Namen publizieren? Meine Meinung: Das ist nur eine von mehreren Möglichkeiten. Sicher nicht die erste und nicht sicher die beste. Die beste Möglichkeit ist, dass die Täter zu ihrer Tat stehen. Auch noch besser ist, wenn Polizei, Schule, die Gemeinde und die Bevölkerung für enge Maschen sorgen. Das tun sie. Gerade vor 15 Minuten war die Schulleitung der Oberstufe da. Die Schule greift die Thematik auf. Die Bevölkerung ist eingeladen, die Augen offen zu halten und Ungereimtheiten der Polizei zu melden. Immer.

Namen von jugendlichen Tätern publizieren wirkt eher auf die Erziehungsverantwortlichen als auf die Jugendlichen selbst. Wenn die Medien «Mumm» hätten, würden sie Eltern fragen, ob sie ihre Aufsichtspflicht nicht etwas gar vernachlässigt hätten? Statt Bilder von Chaoten zu zeigen, würden sie besser kritische Texte mit Geist schreiben – das ist weniger «sexy» für Täter. Und schon gar nicht sollen die Medien in solchen Themen Gemeindepräsidenten ins Zentrum rücken. Das nützt weder den Geschädigten noch heilt es Täter.