Spiegelei

Es ist gefürchtet, das Sommerloch. Die gähnende Leere macht doppelt zu schaffen. Da ist die Themennot, die Zeitungen badi-tauglich abspecken lässt. Und da ist die Angst des Übermittlers von schlechten Nachrichten vor zuviel Aufmerksamkeit: Ob eine Nachricht aufgegriffen wird, hängt von der Konkurrenz zu anderen noch dramatischeren Ereignissen ab. Im Sommerloch ist diese Konkurrenz kleiner: Kann man bei Temperaturen über 33 Grad ein Spiegelei auf einem Schachtdeckel braten? Darf man den Genitiv bewusst durch den Dativ ersetzen?

Die Gemeinde hat das Privileg, im Sommerloch zu schweigen, wenn es nichts zu sagen gibt. Nächste Woche ist noch Zeit für eine Betrachtung über die Gemeindegrenze, dann ist zwei Wochen Pause.

PS: Unsere Trinkwasservorräte reichen – bitte trotzdem sorgsam damit umgehen!

Anstand

Sotschi. Alles bereit für Olympia? Nun, es gab schon grössere Baustellen. Der ägyptische Pharao Cheops ist vor 4 500 Jahren mit seiner Pyramide auch fertig geworden. Er beschäftigte auch 300 000 Menschen. Ob sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben? In der Wüste Ägyptens musste immerhin niemand enteignet werden. Wird Sotschi das 8. Weltwunder? Höchstens wenn Simon Ammann nochmals zwei Goldmedaillen gewinnt.

Muss den Sportler interessieren, unter welchen Bedingungen die Sportanlage gebaut wurde? Wissen wir das bei allen Infrastruktur-Anlagen, die wir heute nutzen? Interessiert uns noch, dass die Uzwiler Badi vor 80 Jahren von Hand ausgehoben wurde und kaum ein Lohn gezahlt werden konnte, weil Notstand war? Andere Länder, andere Zeiten, andere Sitten. Ich sehe zuerst das Internationale Olympische Komitee in der Verantwortung, nicht nur bei der Vergabe der Spiele.

Der Bürgermeister von Sotschi ist überzeugt: nach den Spielen kommen die Schweizer zum Skifahren. Und die Russen fahren nicht mehr nach St. Moritz. Vielleicht. Die Schweizer sollen in Sotchi Anstand beweisen. Und zusätzlich 10 Medaillen gewinnen.